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Vom General Counsel bei Rocket Internet zur Gründung des eigenen StartUps Ave + Edam

Franziska Leonhardt, Gründerin von Ave+Edam

Erst General Counsel beim StartUp-Inkubator Rocket Internet, dann selbst Gründerin: Bei einem beruflichen Ausflug ins Silicon Valley entdeckt Dr. Franziska Leonhardt den Trend der personalisierten Konsumgüter – und erkennt das Potential für den deutschen Markt. 2018 gründet Sie mit zwei Co-Foundern Ave + Edam: die Plattform für individuell abgestimmte Hautpflege.

Dr. Franziska Leonhardt startet ihre Karriere als selbständige Juristin, wechselt zu Clifford Chance und beginnt 2013 bei Rocket Internet als General Counsel. „Als Rocket mich abgeworben hat, war das Unternehmen noch nicht so groß wie heute. Insgesamt 150 Mitarbeiter – und ich war die einzige Juristin. Das war eine super spannende Herausforderung für mich“, erinnert sich Leonhardt. Sie sammelt im Unternehmen der Samwer-Brüder Erfahrungen, die schließlich den Grundstein für ihren nächsten Karriereschritt legen: die Gründung ihres eigenen Unternehmens.

„Börsengänge, Finanzierungsrunden, verschiedene Rechtsbereiche – bei Rocket habe ich in kurzer Zeit extrem viel gelernt.“

„In einem Umfeld wie Rocket Internet lernst du unheimlich viel in kurzer Zeit“, so Leonhardt. In drei Jahren als General Counsel hat sie unter anderem Börsengänge, Finanzierungsrunden in Milliarden-Höhe und fast 180 Neugründungen begleitet. „Solche Erfahrungen macht selbst ein etablierter General Counsel im Großkonzern selten“, weiß Leonhardt, die mit dem Unternehmen juristisch eine unglaublich breite Klaviatur bespielt hat: „Merger & Acquisitions, Venture Capital, Private Equity, Arbeitsrecht, IT-Recht oder klassisches Mietrecht – alles war dabei.“ Insbesondere die juristische Begleitung eines StartUps in der Wachstumsphase hat Leonhardt als intensive Erfahrung in Erinnerung: „Strukturen aufbauen, Leute einstellen, alles parallel machen – das ist kräftezehrend.“

„Personalisierte Hautpflege fehlte bislang komplett im Konsumgüterbereich. Ave + Edam schließt diese Lücke.“

Während ihrer Zeit bei Rocket Internet kommt Dr. Franziska Leonhardt auch die Idee für das eigene StartUp: „Ich war 2017 im Silicon Valley unterwegs, alle Produkte dort waren personalisiert – von individuell abgestimmten Nahrungsergänzungsmitteln bis zum Shampoo“, erzählt sie. „Der deutsche Markt hinkt ja immer circa zwei bis drei Jahre hinterher. Außerdem ist mir aufgefallen, dass personalisierte Hautpflege bislang komplett fehlte.“ Die Idee für Ave + Edamist geboren: Eine Plattform, die Konsumgüter personalisiert anbietet. Bereits 2018 bringt Leonhardt das junge Unternehmen mit zwei Co-Foundern an den Start und hilft Kundinnen und Kunden heute dabei, über einen Algorithmus perfekt abgestimmte, individuelle Produkte zu kreieren. „Die richtigen Inhaltsstoffe hinzufügen, und die, die stören, weglassen – auf diesem einfachen Prinzip basiert die Creme, die wir aktuell anbieten.“

„Einen preissensiblen Markt überzeugen, in kleinen Losgrößen produzieren und einen Algorithmus entwickeln – das waren nur einige der vielen Herausforderungen.“

Ein einfaches Prinzip, hinter dem jedoch eine komplexe Umsetzung steckt. „Unser Geschäftsmodell brachte von Anfang an viele Herausforderungen mit sich: Wir brauchten Rohstoffe, Produzenten, sehr viel Networking Capital und große Mengen, um überhaupt beliefert zu werden“, so Leonhardt. Und auch der Faktor „Personalisierung“ birgt eine zusätzliche Schwierigkeit: In einem Bereich, in dem es sonst um Mengengeschäfte geht, produziert Ave + Edam kleine Losgrößen. „Das war wirklich schwierig zu realisieren als Branchen-Newcomer“, erklärt sie. Dazu kommt die technische Seite: Um das perfekte Produkt für den eigenen Hauttyp zu kreieren, füllen Kunden zunächst einen Online-Fragebogen aus, hinter dem ein Algorithmus steckt. Dieser basiert auf einem Wirkstoff-Modell und ermittelt die Kundenbedürfnisse. Eine weitere Schwierigkeit: „Wir bieten einen Subscription-Service an – nicht das beliebteste Modell in Deutschland“, sagt Leonhardt. „Aber ich habe mich an einen Rat von Oliver Samwer gehalten: Erst den Heimatmarkt testen, dann ausrollen.“

„Ich wünsche mir, dass Frauen stärker ermutigt und unterstützt werden, damit der Kreis an Gründerinnen wächst.“

Und die Herangehensweise des jungen Teams hat Erfolg: Nach knapp zehn Monaten verkauft Ave + Edam die erste personalisierte Creme. „Wir hatten ein echtes, physisches Produkt sowie die passende Software kreiert – und das obwohl wir nicht aus der Branche kamen. Das war ein toller Moment“, erinnert sich Leonhardt. Als CEO koordiniert sie heute ein Team aus Experten und fügt die einzelnen Puzzleteile des Unternehmens zu einem großen Ganzen zusammen. „Dazu gehört es auch, immer wieder Feuer zu löschen“, so Leonhardt, die jeden Tag mit Liebe und Begeisterung bei der Sache ist. Welche Skills man als CEO eines StartUps braucht? „Juristisch hatte ich mich damals auf Private Equity spezialisiert, was mir den Einstieg ins Venture Capital erleichtert hat.“ Dr. Franziska Leonhardt schätzt die Offenheit im Venture-Bereich: „Man ist hier sehr aufgeschlossen für Neues, das ist super. Dennoch gibt es hier bislang viel zu wenig Frauen. Ich würde mir wünschen, dass Frauen stärker ermutigt werden und Unterstützung bekommen, damit der Kreis an Gründerinnen größer wird. Da passiert noch zu wenig.“

„Niemand sollte denken, er könne nicht ins StartUp, weil er Jurist ist. Zweifel ablegen, offen sein und loslegen!“

Ihre juristische Expertise hilft Dr. Leonhardt heute dabei, strukturiert und lösungsorientiert zu agieren. Besonders Verhandlungssituationen haben sie geprägt: „Verhandeln habe ich immer sehr genossen: Alle Beteiligten zufriedenstellen und einen Konsens erarbeiten – dabei habe ich viel über mich und andere gelernt.“ Dennoch: Als StartUp-CEO sind noch einmal ganz andere Skills gefragt. Und hier gilt: Learning by Doing. „Ich lerne täglich etwas Neues,“ sagt Leonhardt und empfiehlt Juristen, die ihre Zukunft ebenfalls in einem StartUp sehen, Lust aufs Lernen und auf neue Aufgaben mitzubringen: „Alles geht, wenn man es will – auch wenn man immer mal Abstriche machen muss. Niemand sollte denken, er könne nicht ins StartUp, weil er Jurist ist. Zweifel ablegen, offen sein und sich nicht unterschätzen. Jura ist ein wertvolles Denkwerkzeug, das man in jedem Bereich anwenden kann. Limitiert euch nicht und ignoriert die Zweifler.“

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