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Dr. Maximilian Preisser, General Counsel bei Hubert Burda Media: „Wir agieren als Inhouse-Boutique-Kanzlei, die alle relevanten Rechtsbereiche abdeckt“

Dr. Maximilian Preisser ist General Counsel bei Hubert Burda Media und Mitbegründer der unternehmensinternen Rechtsabteilung, die er selbst als „Boutique-Kanzlei im Konzern“ bezeichnet. Mit welchem Ziel vor Augen er die Abteilung geformt hat, warum Hubert Burda als Arbeitgeber überzeugt und welche Tipps Nachwuchsjurist*innen berücksichtigen sollten, erzählt der Jurist im Interview.

„Für lange Zeit hat es bei Hubert Burda Media keine interne Rechtsabteilung gegeben“, sagt General Counsel, Dr. Maximilian Preisser. „Deswegen hatten wir das große Glück, mit einer weißen Leinwand starten zu dürfen und sind schnell zu der Zielvorstellung einer Boutique-Kanzlei im Unternehmen gekommen. Das bedeutet, dass wir alle strategisch relevanten Bereiche inhaltlich auf dem Niveau einer Wirtschaftskanzlei abbilden. Konkret umfasst das aktuell einen Compliance & Datenschutz-Bereich, Gesellschaftsrecht und auch Mergers-and-Acquisitions, da wir als Tech- und Medienunternehmen ständig im Wandel sind. Entsprechend legen wir einen Fokus auf das Investmentgeschäft und weiterentwickeln und diversifizieren unser Unternehmensportfolio fortlaufend.“ 

„Wir verstehen uns als Solution Center, das intensiv und bedürfnisorientiert berät und konkrete Lösungen liefert.“

„Was in der juristischen Arbeit immer an erster Stelle steht, ist das vollständige Verständnis der Geschäftsmodelle und Beratungsziele unserer ‚Mandant*innen‘“, so Preisser. „Wir positionieren uns sehr früh als Sparringspartner bei der (Weiter-)Entwicklung von Geschäftsmodellen unserer operativen Kollegen. Dabei verstehen wir uns in diesem Prozess als ‚Solution Center‘, das jede Unternehmenseinheit versteht, umfangreich berät und aktiv Probleme löst. Deswegen ist es uns auch so wichtig, bei Strategiediskussionen von Beginn an dabei zu sein und Geschäftsmodelle ganz genau zu kennen. Ich glaube, dass unsere Kolleg*innen diese intensive Begleitung sehr schätzen – und die Inhouse-Beratung u.a. deshalb einer externen Kanzlei vorziehen.“ Größten Wert legt der Jurist auf die Mentalität seines Teams: „Mir ist sehr wichtig, dass wir mit demselben Arbeitseinsatz und Anspruch wie in einer führenden Wirtschaftskanzlei arbeiten. Das bedeutet, dass es während intensiver Projekte auch mal Spitzenzeiten gibt und hin und wieder eine Extrameile gegangen werden muss. Im Gegenzug gibt es bei uns dafür tatsächlich immer einen Ausgleich und sehr viele Freiheiten.“

„Ich beobachte, dass der Nachwuchs das Geschäftsmodell von Kanzleien zunehmend hinterfragt und Unternehmen oft als attraktivere Arbeitgeber wahrnimmt.“

Das altbekannte Vorurteil, Unternehmensjurist*innen seien Kanzleikolleg*innen unterlegen, weist Preisser zurück: „Das ist längst nicht mehr zeitgemäß. Vor allem wenn man einen Blick auf modern organisierte Rechtsabteilungen wirft. Natürlich ist nicht jede Rechtsabteilung gleich aufgestellt. Dennoch ist mein Eindruck, dass dieses Vorurteil primär von Wirtschaftskanzleien genährt wird, um das eigene elitäre Bild aufrechtzuerhalten und Nachwuchs zu gewinnen –eine relativ durchschaubare Recruiting-Strategie in einem Marktumfeld, in dem Bewerber*innen auch nach dem Sinn der Tätigkeit fragen und sich mit ihrer Arbeit identifizieren möchten.“ Er ergänzt: „Dabei beobachte ich vielmehr, dass der hervorragend ausgebildete Nachwuchs das Geschäftsmodell von Kanzleien zunehmend hinterfragt und Unternehmen oft als attraktivere Arbeitgeber wahrnimmt. Denn diese bieten in der Regel ein deutlich breiteres Betätigungsfeld und flexiblere Arbeitsmodelle. Auch arbeitet man als Unternehmensjurist*in ständig in einem größeren Team und wechselt nicht permanent den Dienstherren, was dazu führt, dass man sich stärker mit der Arbeit identifizieren kann.“ Dabei glaubt der General Counsel, dass eine frühe Kanzleiausbildung für zukünftige Unternehmensjurist*innen durchaus sinnvoll sei: „Zumindest ein oder zwei Jahre in einer der führenden Kanzleien können eine gute Schule sein, die Genauigkeit und Professionalität lehrt. Wer diese Qualität und unternehmerische Neugier mitbringt, hat hervorragende Einstiegschancen als Unternehmensjurist.“

„Im Vergleich zu Kanzleien bilden wir breiter aus, fördern Business-Verständnis und bieten viel Gestaltungsspielraum.“ 

„Wechseln neue Kolleg*innen aus Kanzleien zu uns, werden sie sehr schnell sehr viel breiter ausgebildet als es üblicherweise in der Kanzlei der Fall ist“, erzählt Preisser. „Wir erwarten, dass unser Team nicht nur Rechts- und Beratungsexpertise mitbringt, sondern diese auch mit Wirtschaftswissen und operativem Verständnis für die vielseitigen, interdisziplinären Herausforderungen der Inhouse-Tätigkeit verknüpft sind. Eine solch komplexe Rechtsberatung, die unternehmerische Erwägungen berücksichtigt, ist in Kanzleien oft der Partnerriege vorbehalten. Viele junge Anwälte und Anwältinnen werden an diesen Bereich nicht herangeführt. Bei uns ist das Gegenteil der Fall: Unsere Jurist*innen sind dazu aufgefordert, Business-Gespür zu entwickeln.“ Dafür eröffnet sich ihnen auch ein breiteres juristisches Spielfeld, so der Jurist: „Wie schon erwähnt, sind wir bereits in der Entwicklungsphase neuer Produkte und Geschäftsmodelle involviert und agieren als aktive Berater. So können wir mitdiskutieren und durch tiefes Verständnis der unternehmerischen Rahmenbedingungen den rechtlichen Handlungsspielraum bestmöglich ausschöpfen. Hier bietet sich ein Gestaltungspotenzial, zu dem man in Kanzleien meist keinen Zugang bekommt. Das liegt am Geschäftsmodell: Bezahle ich meine Kanzlei nach Arbeitsstunde, tendiere ich als Mandant*in dazu, diese erst recht spät hinzuzuziehen. Zu diesem Zeitpunkt steht schon so viel fest, dass ich als Jurist oft nicht mehr viel beeinflussen kann.“ Allen, die aus einer führenden Wirtschaftskanzlei ins Unternehmen wechseln, rät Preisser zu Bescheidenheit: „Zu Beginn muss ich lernen, wie ein Unternehmen überhaupt funktioniert und dabei über die rein rechtliche Perspektive hinausdenken. Die Anwaltsrolle ist häufig sehr viel passiver und auf eine überschaubare Aufgabenstellung beschränkt.“

„Wir fordern von unserem Team Kommunikationsfreude, Eigeninitiative und Projektmanagement-Skills.“

„Man kann sagen: Als Inhouse-Jurist habe ich mehr Spielraum, aber damit geht natürlich auch Verantwortung und eine höhere Erwartung einher“, bringt es Preisser auf den Punkt. „Deswegen helfen wir neuen Kolleg*innen, sich wieder etwas breiter aufzustellen und vernetztes juristisches Denken zu stärken. Sie sollen ein professionelles „Störgefühl“ in allen Bereichen des Wirtschaftsrechts entwickeln und vernetzt denken – gerade, wenn sie in der Kanzlei zuvor sehr spitz ausgebildet wurden.“ Was der General Counsel darüber hinaus von seinem Team erwartet? „Kommunikationsfreude und Eigeninitiative. Wir übertragen jungen Kolleg*innen sofort eigene Projekte und Mandate. Da ist Eigenverantwortung und Projektmanagementtalent gefragt – dafür geben wir viele Freiheiten.“ Und er zieht einen weiteren Vergleich zwischen Kanzlei und dem eigenen Unternehmen: „In Kanzleien hat man oft Mandant*innen im Nacken sitzen – und für die ist jede Arbeitsstunde eine zu viel. Der Druck ist hoch und das führt zu Frust. Deswegen arbeiten wir nicht gegen die Uhr, sondern lassen unser Team sich selbst organisieren und setzen ganz auf unsere Funktion als Solution Center. Nur so kann effiziente Rechtsberatung im beidseitigen Interesse konsequent umgesetzt werden. Meines Erachtens müssten sich auch die Geschäftsmodelle der Wirtschaftskanzleien noch viel stärker in diese Richtung weiterentwickeln.“

„Unsere Mitarbeiter*innen sind in 17 Ländern unterwegs. Der Austausch über Ländergrenzen hinweg gehört zum Tagesgeschäft.“

Was Hubert Burda Media für Preisser ausmacht, ist vor allem der Abwechslungsreichtum. „Der Konzern ist mit über 250 Tochtergesellschaften und unterschiedlichsten Geschäftsmodellen extrem bunt und vielseitig. Das bedeutet auch einen breiten Mandantenkreis vom Start-up, über Venture-Capital-Beteiligungen bis zu börsennotierten Aktiengesellschaften, einer Druckerei und den vielseitigen Verlagsgeschäften,“ so der Jurist. „Gleichzeitig sind wir als Tech- und Medienunternehmen ganz nah an politischen und technologischen Entwicklungen dran – gerade auf internationaler Basis. Da bekommt man spannende Einblicke.“ Insbesondere Digitalisierung und Internationalisierung spielen bei Hubert Burda eine entscheidende Rolle: „Wir sind international tätig. Unsere über 11.000 Mitarbeiter*innen sind in 17 Ländern unterwegs. Da gehört der Austausch über Ländergrenzen hinweg zum Tagesgeschäft“, sagt Preisser. „Daher ist es mir auch so wichtig, dass sich alle Kolleg*innen sicher auf internationalem Parkett bewegen können und bereit sind, auch Beziehungen mit unseren ausländischen Konzerngesellschaften vor Ort zu pflegen und schwierige Problemstellungen im Ausland zu lösen.“ Auch gegenüber technischen Verbesserungen ist das Team sehr offen: „Wir haben uns früh mit Legal Tech beschäftigt. Ein eigenes Inhouse-Team entwickelt maßgeschneiderte Softwarelösungen für den Rechtsbereich und weitere Konzernabteilungen, um teure „Aboverträge“ und Lizenzabhängigkeiten, die oft bei externen Angeboten bestehen, zu umgehen. So können wir unsere Bedürfnisse günstig selbst technisch bedienen. In kurzer Zeit konnten wir bereits die rechtliche Verwaltung des Konzerns in eigenen Systemen digitalisieren und Musterdatenbanken aufbauen“, so Preisser. „Und das hat neben sehr fokussierter Rechtsberatung zu weiteren Ersparnissen und einer Effizienzsteigerung unserer Arbeit geführt.“ 

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