„Female Talent for Tech” – Theresa Ehlen und Elena Brandt über die Freshfields Initiative, die Frauen in der Tech Branche über Karriere- und Altersstufen hinweg miteinander verbindet.

“Female Talent for Tech” – ein Zusammenspiel aus Networking, Recruiting und fachlichem Austausch. Die Freshfields Initiative bietet eine Plattform zum Netzwerken und inhaltlichem Austausch zu aktuellen Trends sowie rechtlichen Entwicklungen im Tech-Bereich. Dr. Elena Brandt und Dr. Theresa Ehlen – die Köpfe hinter der Initiative – geben Einblicke in das Format und Ausblicke auf kommende Veranstaltungen.

Elena, Freshfields hat 2020 die Initiative „Female Talent for Tech“ ins Leben gerufen und im Dezember 2020 einen ersten interaktiven Workshop für Juristinnen gestartet. Was verbirgt sich hinter der Initiative?

Mit „Female Talent for Tech“ wollen wir ein internationales Netzwerk für Frauen schaffen, die in der Tech Branche tätig sind oder sich für den Tech Bereich interessieren und mehr darüber erfahren wollen, welche rechtlichen Themen in diesem Bereich relevant sind, welche technischen und regulatorischen Trends die Arbeit unserer Mandanten und unsere Arbeit beeinflussen, aber auch welche Karrierewege und -chancen es in der Tech Branche gibt. Die Idee hinter der Initiative ist, einen regelmäßigen fachlichen und persönlichen Austausch zwischen erfolgreichen Frauen aus der Tech Branche und jungen Talenten zu ermöglichen. Zu diesem Zweck bringen wir Anwältinnen unserer Sozietät, unsere Mandantinnen und junge Talente, die den Bereich Tech spannend finden, zusammen. Das Netzwerk richtet sich aber ausdrücklich nicht nur an Juristinnen, sondern soll auch Nicht-Juristinnen einbeziehen und so einen interdisziplinären Austausch ermöglichen. Ich bin überzeugt davon, dass nicht nur die jungen Talente, die wir gezielt für unsere Initiative gewinnen wollen, von diesem Austausch profitieren werden, sondern wir alle wertvolle Einblicke und Inspirationen mitnehmen können.

Wie sieht das Format konkret aus?

Geplant sind 3 Veranstaltungen im Jahr mit verschiedenen Themenschwerpunkten und Modulen, um ein paar wesentliche Beispiele zu nennen: Panel Diskussionen mit erfolgreichen Frauen aus der Tech Branche, die über ihren Werdegang und ihre persönlichen und beruflichen Erfahrungen berichten, Workshops, die wir gemeinsam mit unseren Mandantinnen durchführen, und Impulsvorträge zu aktuellen rechtlichen Themen, die den Tech Sektor bewegen. Uns ist dabei wichtig, einen echten Austausch zu ermöglichen und mit den Teilnehmerinnen ins Gespräch zu kommen. Aufgrund der Pandemie und der hiermit verbundenen Einschränkungen müssen wir zwar derzeit etwas kreativer sein, um den Austausch zu ermöglichen. Gleichzeitig eröffnet die aktuelle Situation aber natürlich auch leichter die Möglichkeit, ein internationales Format auf die Beine zu stellen. Wir hoffen, dass wir bald auch Präsenzveranstaltungen durchführen können und der Netzwerkcharakter der Initiative dann noch stärker in den Fokus treten wird.

Theresa, was macht die Initiative so besonders im Vergleich zu anderen Frauennetzwerken?

Für uns ist die Initiative deshalb so besonders, weil sie so viele Facetten mit sich bringt und bisher bestehende „Silos“ aufbricht: In der Regel bleiben Juristinnen in Netzwerken unter sich, und auch haben wir Mandantinnen und interne Netzwerke strikt voneinander getrennt. Ebenso werden Recruiting-Netzwerke und professionelle Netzwerke in der Regel voneinander getrennt. Das wollen wir ändern und Frauen in der Tech Branche aus unterschiedlichsten Perspektiven und über Karriere- und Altersstufen hinweg miteinander verbinden. Auch das ist für uns ein Aspekt von Diversity.

Was war der Hintergrund für die Gründung der Initiative?

Das hat sich über einige Zeit entwickelt, weil wir schlicht festgestellt haben, dass gerade das Tech-Umfeld noch einmal stärker männerdominiert ist. Auf der Recruiting-Seite ist es in internationalen Wirtschaftskanzleien häufig so, dass mindestens 50% der Einsteiger weiblich sind. Im Tech-Bereich müssen wir uns hierfür deutlich stärker anstrengen und haben erheblich mehr Bewerbungen von männlichen Kandidaten. Uns ist aufgefallen, dass weibliche Kandidaten teilweise eher Berührungsängste haben und davon ausgehen, dass sie programmieren können müssen, um in diesem Bereich tätig zu sein. Mit diesen Vorurteilen wollen wir aufräumen. Gleichzeitig sehen wir auf der Seite unserer Mandanten ähnliche Bemühungen und Herausforderungen. Schließlich hat sich in Gesprächen mit verschiedenen beeindruckenden Frauen ergeben, dass wir alle sehr vergleichbare Erfahrungen gemacht haben, die es sich lohnt untereinander zu teilen.

Was sind aus Eurer Sicht die Gründe für die geringe Frauenquote im Tech-Umfeld in Deutschland?

Es ist schwierig, hier einen Grund herauszugreifen, weil es so vielschichtig ist. Für mich spielt aber eine große Rolle, dass immer noch sehr früh stereotypische Rollenbilder und Interessen geprägt werden, die dann später erst wieder mühsam aufgebrochen werden müssen. Die Pandemie hat hier leider auch nicht unbedingt geholfen, da an vielen Stellen wieder in eigentlich überholte Rollenverteilungen zurückgefallen wurde.

Neben stereotypen Rollenmustern und Berufsbildern spielt vermutlich auch eine Rolle, dass die weiblichen Rollenvorbilder gerade im Tech Bereich oftmals weniger visibel sind, was dazu führt, dass ihre Erfolgsgeschichten weniger bekannt sind. Wir sehen aber auch, dass sich in diesem Bereich aktuell viel tut und dass die Bedeutung eines diversen Umfelds – auch im Tech Bereich – mittlerweile erkannt wird und diverse Talente gezielt gefördert werden. Zwar zeigt etwa der Blick auf die aktuellen Zahlen der großen Tech Konzerne (Amazon, Google, Apple, Facebook und Microsoft) , dass Frauen mit 28% – 42% weiterhin unterrepräsentiert sind. In den rein technischen Bereichen sieht die Quote deutlich schlechter aus. In Deutschland liegt der Frauenanteil in der IT-Branche bei ca. 16% und damit auch im europäischen Vergleich eher im Mittelfeld. Die Statistiken bestätigen aber, dass die Bestrebungen der Tech Unternehmen, den Frauenanteil zu erhöhen, in die richtige Richtung gehen. Mit unserer Initiative möchten wir ebenfalls dazu beitragen, bestehende Vorurteile auszuräumen und junge Frauen dazu ermutigen, sich im Tech Bereich einzubringen.

„Female Talent for Tech” ist Teil des Gender Diversity Commitments bei Freshfields. Welche Ziele verfolgt Freshfields im Bereich Diversität?

Die Kanzlei hat schon vor längerer Zeit die Initiative “Every Day Gender Equality” (EDGE) ins Leben gerufen, um die Gleichstellung voranzutreiben. Und erst kürzlich haben wir uns als Kanzlei neue Ziele im Bereich Diversity & Inclusion gesetzt, die selbstverständlich auch neue Ziele im Bereich Gender beinhalten. So soll der Frauenanteil in der Partnerschaft in den nächsten fünf Jahren mindestens 40% erreichen. Darüber hinaus haben wir eine sehr aktive LGBTQ+-Gruppe, die in der Sozietät fest verankert ist. Unser Engagement gerade in diesem Bereich wurde wiederholt ausgezeichnet. Schließlich möchten wir Mitarbeiter, die ethnischen Minderheiten angehören, stärker repräsentieren. All dies dient dem Ziel, ein diverseres Umfeld zu schaffen, von dem wir alle profitieren.

Ihr seid beide bei Freshfields im Bereich IP und Datenrecht tätig. Wie wichtig sind – neben der juristischen Expertise – auch technische Kenntnisse im Beratungsgeschäft?

Wir können den besten Wertbeitrag für unsere Mandanten leisten, wenn wir ihr Geschäft und ihre Produkte verstehen. Das ist auch unser Anspruch. Das heißt aber nicht, dass hierfür fundierte technische Kenntnisse Einstiegsvoraussetzung sind oder dass wir die Technik bis in alle Einzelheiten verstehen müssen. Am wichtigsten ist es, Neugier mitzubringen und bereit zu sein, sich in diese Themen „reinzufuchsen“ – wie in alle juristischen Bereiche und wirtschaftlichen Zusammenhänge. 

Inwieweit unterstützt Freshfields Associates bei der Vermittlung von Tech-Know-How?

Wir legen großen Wert darauf, unsere Associates hierbei zu unterstützen. Es gibt diverse interne digitale und Präsenz-Weiterbildungen sowie Unterlagen, die von IT-Sicherheit über Blockchain zu künstlicher Intelligenz und den hiermit verbundenen rechtlichen Problemen gehen. Daneben geben wir unseren Associates die Möglichkeit, an ausgewählten Tech-Konferenzen teilzunehmen. Unsere Associates mit dem nötigen Rüstzeug auszustatten, Technologie und unsere Tech Mandanten zu verstehen, wird in Zukunft noch wichtiger werden.

Am 3. Dezember 2020 fand die Auftaktveranstaltung mit ausgewählten Speakerinnen und Teilnehmerinnen statt, wie u.a. Carmen Schmidt (Vorstandsmitglied der VW GIS AG), Maike Fromageau (Lead Data Protection Counsel, Facebook) und Svea Eckert (Podcast „She likes Tech“, NDR). Was waren die „Learnings“ aus der ersten Veranstaltung?

Wir haben im Nachgang zu unserer ersten Veranstaltung ein überwältigendes Feedback der Teilnehmerinnen erhalten, die insbesondere aus der Panel Diskussion mit Carmen Schmidt, Maike Fromageau und Svea Eckert wertvolle Impulse und Denkanstöße mitgenommen haben. Das hat einmal mehr bestätigt, wie wichtig der Austausch zwischen erfolgreichen Frauen, die ihren Platz in der Tech Branche bereits gefunden haben, und jungen Talenten, die ihren Weg noch finden müssen, ist und dass wir mit unserer Initiative einen wichtigen Beitrag dazu leisten, diese Vernetzung zu ermöglichen. Im Gespräch mit den Teilnehmerinnen haben wir aber auch gemerkt, dass ein großes Interesse daran besteht, Einblicke in die rechtlichen Themen zu bekommen, die die Tech Branche bewegen. Der fachliche Austausch soll deshalb bei den kommenden Veranstaltungen noch stärker im Fokus stehen. 

Besonders aufschlussreich fanden wir, dass bei den Themen „Herausforderungen für Frauen in der Tech Branche“, „Unterschiede bei den Karrierechancen für Frauen und Männer“ und „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ mehrfach der Wunsch geäußert wurde, auch die männliche Perspektive in den Dialog einzubeziehen. Umgekehrt haben auch unsere männlichen Kollegen ihr Interesse bekundet, sich in den fachlichen und persönlichen Austausch einzubringen. Diesen Aspekt wollen wir künftig berücksichtigen und die Events offener gestalten, auch wenn das Netzwerk ein reines Frauennetzwerk bleiben soll.

Die nächste „Female Talent for Tech”Veranstaltung ist im April 2021 geplant mit einem „Silicon Valley“-Spezial: Die Teilnehmerinnen werden mit Kolleginnen aus dem Silicon Valley Office, welches Freshfields Mitte 2020 eröffnet hat, und Vertreterinnen internationaler Mandanten zusammengebracht. Was verspricht man sich von diesem Erfahrungsaustausch?

Die Eröffnung unseres Silicon Valley Büros war für unsere Kanzlei und unsere Mandanten ein großer Schritt. Die im Silicon Valley ansässigen Unternehmen sind im Tech-Umfeld nach wie vor tonangebend und für viele ein Vorbild und Ideal. Viele unserer Mandanten sind dort ansässig und es war naheliegend, dort präsent zu sein.

Wir hoffen, dass wir durch diesen Erfahrungsaustausch den Teilnehmerinnen das, was dieses Zentrum der technologischen Entwicklung bewegt, etwas näherbringen können und auch hier wieder unterschiedliche Perspektiven zusammen zu bringen.

Was sind Eure Frauenvorbilder im Bereich Diversität und Digitalisierung und warum?

In unserem Job haben wir das Glück, regelmäßig auf inspirierende Frauen zu treffen – Mandantinnen und auch Kolleginnen, die neben ihrer fachlichen Kompetenz damit beeindrucken, dass sie sich nicht davor scheuen, auf die Erfolge anderer aufmerksam zu machen, die ihr Wissen und ihre Erfahrung mit anderen teilen und auch Verantwortung übernehmen, wenn etwas nicht gut gelaufen ist. Das sind für uns – nicht nur in Bezug auf Frauen – Eigenschaften, die eine gefestigte Persönlichkeit ausmachen und ein echtes Rollenvorbild auszeichnen.

Dr. Elena Brandt
Associate im Bereich IP/Datenrecht bei Freshfields Bruckhaus Deringer

Anderen Frauen empfehle ich: Auf das eigene Können zu vertrauen, sich mit Menschen zu umgeben, die ermutigen und fördern, und den „Sprung ins kalte Wasser“ zu wagen. „Hätte, hätte“-Gedankenspiele sind oftmals weitaus zermürbender als jeder potentielle Misserfolg, den man mit dem Sprung riskiert.

Dr. Theresa Ehlen
Partnerin im Bereich Commercial IP/Datenrecht bei Freshfields Bruckhaus Deringer

Anderen Frauen empfehle ich: Einfach machen! Hier finde ich den Slogan vom diesjährigen IWD unfassbar passend: #ChooseToChallenge! – es gibt so unheimlich viele fantastische Frauen und wir müssen alle unseren Beitrag leisten und mitmachen, damit sich etwas verändert.