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Lars Küpper, Justiziar bei Bayer 04: „Im Profifußball sind Inhouse-Juristen inzwischen essenziell geworden“

Lars Küpper ist seit 2015 Prokurist und Mitglied der Geschäftsleitung bei Bayer 04 Leverkusen und leitet die Bereiche Recht, Compliance und Verbände. In den Nullerjahren schaffte der Verein als erster der Bundesliga eine interne Rechtsabteilung – inzwischen haben die meisten Erstligisten nachgezogen. Küpper berichtet von der juristischen Professionalisierung des Profi-Fußballs, seiner Rolle bei Spielertransfers und dem Einfluss einer zunehmenden Internationalisierung.

„Ich bin eher zufällig bei Bayer 04 gelandet“, sagt Lars Küpper. „Nach meiner Zeit bei einer internationalen Kanzlei habe ich mich nach neuen beruflichen Herausforderungen umgeschaut und es ergab sich eine Chance bei der Bayer AG, wo ein neues Compliance-Management-System eingeführt wurde. Das war eine tolle Möglichkeit, etwas mit aufzubauen und sehr selbständig zu arbeiten.“ Mit dem Wechsel zu Bayer wird aus dem Kanzleianwalt ein Inhouse-Jurist, der in engem Austausch mit dem General Counsel steht. „Der General Counsel der Bayer AG ist üblicherweise auch im Aufsichtsrat von Bayer 04. Da er wusste, dass ich fußballaffin bin, fragte er mich, ob ich an einem Wechsel zum Verein interessiert bin“, erzählt Küpper, der das Angebot annimmt und 2015 beim Bundesligisten einsteigt.

„Ich sehe mich nicht als juristischen Bedenkenträger, sondern als Team-Mitglied, das gemeinsame Ziele mit vorantreibt“

„In meiner Rolle als Justiziar sehe ich mich nicht als der ständige juristische Bedenkenträger, sondern vor allem als Teil des Teams. Als jemand, der dabei hilft, gemeinsame Ziele zu erreichen“, so Küpper. „Dafür muss man die Bedürfnisse der Inhouse-Mandanten und das Business von A bis Z verstehen.“ Der Jurist deckt in seinem Arbeitsalltag Bereiche vom klassischen Vertragsrecht über Markenrecht bis zu Doping- und Compliance-Fragen ab. „Die Arbeit ist sehr vielfältig und interessant. Außerdem liebe ich die Hands-on-Mentalität, die bei uns herrscht. Gerade im Fußball hat man es oft mit jungen, engagierten Teams zu tun. Bei uns müssen Entscheidungen auch nicht auf vielen Ebenen abgesegnet werden, wie es bei großen Unternehmen meist der Fall ist“, sagt Küpper.

„Fußballvereine sind eher mit mittelständischen Unternehmen vergleichbar: Man ist mittendrin im Entscheidungsprozess und es passiert immer mal Unerwartetes, auf das man flexibel reagieren muss. Es macht Spaß, dass man schnell Ergebnisse sieht, gerade auch, weil Beschlüsse nicht noch durch diverse Komitees und Gremien laufen.“  

„Gerade bei komplexen Spielertransfers werde ich früh eingebunden. Das ist herausfordernd, macht aber großen Spaß“

Auch Spielertransfers begleitet Küpper juristisch: „Ein Highlight aus dem letzten Jahr war der Transfer von Kai Havertz. Das war der größte Transfer in 2020 – und der war in Pandemiezeiten mit einigen Herausforderungen verbunden. Bei solchen komplexen Transfers juristisch mitzuwirken, bereitet mir unheimlich viel Freude. Daran wächst man.“

Dennoch, jeder Transfer sei unterschiedlich, so der Jurist: „Es gibt Standardtransfers, bei denen ich mich in erster Linie um die Vertragserstellung kümmere. Auf der anderen Seite gibt es auch komplizierte Konstellationen: Wenn man im Ausland ist, wenn der Spieler minderjährig ist oder wenn spezifische Zahlungsbedingungen ausgehandelt werden müssen. In diesen Fällen muss ich bereits zu einem frühen Zeitpunkt sicherzustellen, dass die Verhandlungsinhalte später auch vertraglich umsetzbar sind. Hier bin ich dann bereits in die strategische Planung involviert – also ab dem Punkt, an dem wir entscheiden, ob und wie wir an einen Verein herantreten, um Spieler zu bekommen. Wir definieren dann gemeinsam das sinnvollste Vorgehen.“

„Vereins- und Clubverantwortliche haben verstanden, dass es ohne Inhouse-Juristen nicht mehr geht.“

Auch wenn heute fast jeder Fußball-Erstligist eigene Justiziare beschäftigt, ist die Entwicklung hin zur eigenen Rechtsabteilung noch recht jung. Bayer 04 gilt hier als Vorreiter und stellt in den Nullerjahren als erster Verein der Bundesliga einen eigenen Inhouse-Juristen ein. Ein Zeichen für eine zunehmende Professionalisierung des Profi-Fußballs? „Ja, das glaube ich definitiv“, sagt Küpper. „Vereins- und Clubverantwortliche haben verstanden, dass es ohne interne Juristen nicht mehr geht. Schließlich sind Clubs unterm Strich ebenfalls Wirtschaftsunternehmen – auch wenn es im Fußball um mehr als das Geschäft geht. Dennoch sind zum Beispiel bei Transfers oder Beraterzahlungen wahnsinnige Summen im Spiel. Juristische Unterstützung ist da essenziell.“

Inhouse-Juristinnen und -Juristen seien auch aus Effizienzgründen besser geeignet als externe Kanzleien: „Wenn jeder Bereich, vom Marketing bis zur Zahlungsabteilung, mit eigenen Anwälten arbeitet, wird es ineffizient und – aus meiner Perspektive – auch teurer. Hinzu kommt, dass die Compliance-Anforderungen wachsen. Haftungsthemen werden für Geschäftsführung und Vorstand immer kritischer.“ Trotz des hohen Professionalisierungsgrads sieht Küpper in Deutschland noch Luft nach oben: „Rechtsabteilungen des FC Chelsea oder von Manchester United sind um einiges breiter aufgestellt. Dort werden viel mehr Themen intern gelöst. Wir haben in Deutschland noch nicht das volle Potential ausgeschöpft.“

„Durch Kommerzialisierung und Internationalisierung steigen die juristischen Anforderungen im Profisport zunehmend an.“

Kommerzialisierung treibt die gesamte Sportbranche an. Rechtliche Hürden steigen, Compliance-Regelungen werden komplexer. Küpper bestätigt: „Das juristische Aufgabenfeld weitet sich. Unser Vorteil bei Bayer 04 ist, dass wir in Sachen Compliance von der hohen Professionalisierung unseres Mutterunternehmens, der Bayer AG, profitieren. Grundsätzlich braucht man aber heutzutage eine Art Compliance-Management-System, damit die Geschäftsführung abgesichert ist. Damit steigen auch die Anforderungen, aber die kann man insbesondere mit Inhouse-Juristen erfolgreich bewältigen.“ Doch das ist nicht der einzige Aspekt, der den juristischen Alltag im Profi-Fußball zunehmend komplexer macht: „Das Fußballgeschäft ist ein internationales. Es ist geprägt von europaweiten und weltweiten Kooperationen und Transfers“, so Küpper. „Hinzu kommt, dass Clubs, auch Bayer 04, neue Zielmärkte wie die USA oder China im Blick haben. Da kommen rechtliche Fragen auf, mit denen wir auf ausländischen Rechtsgebieten unterwegs sind.“ 

„Neben den rein juristischen Aufgaben stehen mit der Verbandsarbeit Themen von Super League bis zur Gestaltung der Champions League auf der Agenda.“

Neben strikt juristischen Themen kümmert sich der Jurist, gemeinsam mit der Geschäftsführung, um die Verbandsarbeit. „Themen wie die Super League, Fragen zum Modus der Champions League und die Abstimmung mit der European Club Association fallen in diesen Bereich“, erklärt Küpper. „Da stehen wir selbstverständlich im engen Austausch mit vielen Vereinen aus dem Ausland. Jeder Verein hat, je nach Größe und Herkunft, sehr eigene Vorstellungen, wie die Fußballwelt auszusehen hat. Das macht es nicht immer einfach, tragfähige Kompromisse zu finden. Das ist ein Arbeitsfeld, das mir großen Spaß macht. Immer nur im deutschen Recht unterwegs zu sein, das wäre mir zu wenig.“ Küppers vielfältiger Berufsalltag zeigt: Was unter Sportrecht fällt, ist nur schwer zu greifen.

„Sportrecht im engeren Sinne ist vor allem das Verbandsrecht, den sich der organisierte Sport selbst gibt. Die Bandbreite ist grundsätzlich aber sehr viel weiter: Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Zivilrecht und öffentliches Recht spielen ebenfalls eine Rolle.“ Deswegen gibt es für den Justiziar auch keinen klassischen Weg, der Nachwuchs-Juristinnen und -Juristen in den Sportbereich führt. „Es ist auf jeden Fall ein wachsender Bereich. Dennoch gibt es bislang leider nicht unendlich viele Jobs.“