Nina Stoeckel begann ihre Karriere als Inhouse-Juristin in der Verlagsgruppe Süddeutscher Verlag. Berufsbegleitend absolvierte sie in dieser Zeit ein LL.M. Studium zum internationalen Wirtschaftsrecht und führte ein Compliance Projekt bei der Süddeutschen Zeitung in München durch. Ihre Begeisterung für Compliance war geweckt: daraufhin folgte ein Wechsel zu Boehringer Ingelheim für den Aufbau einer Compliance Organisation für Deutschland und ein Ausflug in Corporate Strategy, Development und Inhouse Consulting. Danach übernahm sie das globale Compliance Programm bei der Merck KGaA. Seit Mitte 2019 ist sie dort zuständig für die neu gegründete Abteilung Legal & Compliance Operations.

Für Nina Stoeckel bedeutet Innovation Bestehendes zu hinterfragen und intelligente, integrierte Lösungen zu entwerfen. Dabei müssen die Bedarfe der internen Mandat:innen berücksichtigt werden.

“Hinsichtlich der Anforderungen an die Tools darf man nicht die Frage stellen “Was braucht ihr?”, sondern man muss den Kolleg:innen helfen die Anforderungen zu entwickeln und zu formulieren. Man muss Vorschläge machen und die Ideen gemeinsam entwickeln.” rät Nina Stoeckel. Denn nur wenn die Bedürfnisse der Nutzer:innen berücksichtigt sind, wird das Tool akzeptiert und verwendet. Sie hat oft beobachtet, dass Tools viele Aufgaben und Erleichterungen abbilden können, die Nutzer:innen sich jedoch nicht ausreichend mit den Funktionalitäten auseinandersetzen.

Dabei weist sie darauf hin, dass mit einer Bedarfsanalyse das vorhandene Mindset im Unternehmen hinterfragt werden muss. “Wenn ich in alten Verhaltensmustern agiere, dann entwickelt sich keine Innovation.” sagt Nina Stoeckel. Es braucht Motivation und Begeisterung, um eine Veränderung des Mindset zu erreichen. Die schon vorhandenen Tools tatsächlich zu nutzen und die vielfältigen Möglichkeiten auszuschöpfen, das kann für eine Rechtsabteilung bereits innovativ sein. 

„Innovation entsteht durch Offenheit, Neugier und Vielfalt.“

Damit muss, aus ihrer Sicht, ein neues Selbstverständnis der Rechtsabteilung einhergehen. Dabei hilft die Frage: “Wie wollen wir arbeiten und interagieren? Bin ich proaktiver Legal Business Partner oder nur Berater, wenn ich angesprochen werde?” Zur Förderung solcher Innovationen ist aus Nina Stoeckel’s Sicht Diversität notwendig, um mehr Perspektiven und verschiedenen Fähigkeiten in den Prozess einzubinden. Dabei ist es wichtig, dass Frauen sich positionieren und sichtbarer werden. “Präsenz und Akzeptanz im Bereich Legal Innovation – das erreicht man über Beteiligung in den Projekten und Teams im Unternehmen, in Netzwerken, Verbänden und natürlich auch über innovative Ergebnisse, die Frauen hervorbringen.” sagt sie. 

Frauen, die aufgrund ihrer Sichtbarkeit negatives Feedback erhalten rät sie: “Aushalten – wenn es die eigene Überzeugung ist, dann muss man dazu stehen.” Man sollte sich nicht in die defensive Rolle begeben, wenn man für seine Sichtbarkeit angegriffen wird. Insbesondere ist es wichtig, dass man sich nicht selbst in Zweifel zieht und sich nicht beirren lässt. Vielmehr sollte man sich auf die positiven Aspekte stützen und den Support, den man erhält, nutzen. Manche Bereiche werden als typische Frau oder untypisch Frau bezeichnet – sie wirkt dem entgegen indem sie die klassischen Rollen aufbricht und insbesondere Frauen im Legal Operations Bereich fördert. “Man muss auch neue Wege gehen und Austausch zwischen Teams fördern: Zum Beispiel durch eine Art Secondment oder Rollen im Team mit diversen Profilen besetzen, zum Beispiel Projektmanager:innen, IT Spezialist:innen, Kommunikationsexpert:innen.” sagt Nina Stoeckel. 

Sie selbst war einmal bei einem all female Panel eingeladen und es war eine einzigartige Erfahrung. Einerseits ist das Panel von vielen Männern belächelt worden, was sie irritiert hat. Andererseits hat sie einen tollen Zusammenhalt des Panels in dieser Situation erleben dürfen. “Das hat uns keinen Abbruch getan, sondern hat uns gegenseitig gestärkt. Es war ein prägendes Erlebnis für mich.” erinnert sie sich. 

Zudem sollten Frauen, die in den Bereichen Legal Innovation und Legal Operations aktiv sein möchten aus ihrer Sicht Projektmanagement Skills mitbringen. “Man lernt es leider nicht in der Juristenausbildung, aber es ist maßgeblich für IT-Projekte.” sagt Nina Stoeckel. Auch das Thema Prozessanalyse ist nicht Teil der juristischen Ausbildung, aber maßgeblich für den Erfolg von Projekten im Legal und Compliance- Bereich. 

Frauen stehen oft nicht selbst für ihre Fähigkeiten ein, sondern lassen anderen den Vortritt. Es ist sehr wichtig Beispiele zu schaffen und Frauen zu fördern, wenn man die Möglichkeit hat. “Es braucht aber auch ganz klar männliche Vorbilder, zum Beispiel für Teilzeitarbeit – denn nur so können traditionelle Rollenbilder aufgebrochen werden. Ich kenne zum Beispiel keinen Partner einer Großkanzlei, der Teilzeit arbeitet.”

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