Dr. Ramona Schardt, LL.M. ist Dispute Resolution Expertin bei Siemens Energy Global. Sie verantwortet dort die Steuerung internationaler Schieds- und Gerichtsverfahren, engagiert sich in der Schiedsgerichtsszene und setzt sich für die verstärkte Sichtbarkeit von Frauen in der Schiedsgerichtsbarkeit ein. Sie studierte Rechtswissenschaften an der Universität Jena sowie der University of Virginia (USA) und absolvierte ihr Referendariat am Kammergericht in Berlin mit Station am Generalkonsulat in Melbourne. Ihre Leidenschaft und ihr Interesse für internationale Rechtsstreitigkeiten entdeckte sie in der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, bei der sie internationale Mandanten in komplexen handels- und wirtschaftsrechtlichen Angelegenheiten beriet. Seit 2009 ist Ramona Schardt als Prozessrechtsspezialistin zunächst bei Siemens AG und nunmehr bei Siemens Energy Global in München tätig. Dort sitzt sie im Diversity & Inclusion Council und engagiert sich als Gender Champion bei der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit.

“Für jede von uns ist Platz!”

Der Mut, andere Wege zu gehen, neue Ansätze auszuprobieren, auch wenn sie auf den ersten Blick beschwerlich scheinen – das ist für Ramona Schardt Innovation. „Um innovativ zu sein, müssen wir ständig in Bewegung bleiben, Neues wagen und Altes hinterfragen. All das erfordert Mut – Mut, Risiken einzugehen, aber vor allem erfordert es Ausdauer und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen“. Derzeit leitet sie ein Siemens-internes Expertenteam, das sich mit Legal Tech Lösungen im Litigation Bereich befasst. „Ich halte immer Augen und Ohren offen für interessante neue Lösungen und Techniken, um Prozesse effizienter zu gestalten. Das sind Herausforderungen, die mir Spaß machen” berichtet sie. 

“Als Juristinnen haben wir die Fähigkeit, uns schnell in neue Sachverhalte einzuarbeiten, analytisch, strukturiert und zielorientiert zu denken. Genau diese Fähigkeiten sind auch für das Verständnis innovativer Lösungen gefragt.” Dabei ist sie überzeugt, dass diese Fähigkeiten bei Frauen mindestens so stark ausgeprägt sind wie bei Männern. Mit dieser Überzeugung bringt sie ihre Forderung zum Ausdruck, das Profil von Frauen in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit zu stärken. 

„Ich wünsche mir mehr Vielfalt und Chancengleichheit bei der Besetzung von Schiedstribunalen. Frauen sind in der Schiedsgerichtsbarkeit immer noch unterrepräsentiert. Wenn es um die Besetzung von Schiedsgerichten geht, werden Frauen deutlich seltener benannt als Männer. Nach jüngsten Statistiken liegt der Anteil von Frauen auf Schiedstribunalen in deutschen Schiedsverfahren nur bei ca. 20 %.” berichtet sie aus ihrer langjährigen Erfahrung. Schiedsrichter werden üblicherweise anhand ihrer bisherigen Erfahrungen ausgewählt. Wenn man bislang keine Erfahrungen und wenig direkte Referenzen hat, kann der Einstieg besonders schwer sein. Frauen sollten daher mehr Präsenz zeigen, ihr Wissen teilen, und sich untereinander ermutigen, den Einstieg zu wagen.“  fordert sie.

Um die Quote der Frauen zu steigern, schlägt sie zudem eine Form der Selbstverpflichtung für Anwälte, Unternehmen und andere vor. Zum Beispiel der „Equal Representation in Arbitration (ERA) Pledge“. Danach sollen entsprechend qualifizierte Frauen in Zukunft stärker berücksichtigt werden – sowohl bei der Wahl zu Schiedsrichterinnen als auch bei vorgelagerten Entscheidungen, beispielsweise der Besetzung von Expertengremien, die einen Kandidaten für seine spätere Ernennung empfehlen. 

Sie verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Gender Champion Initiative der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit. Auch dieses Pilotprojekt hat zum Ziel, die Parität in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit zu fördern. Sie verspricht sich von solchen Initiativen ein Umdenken und hofft, dass es bald eher eine Überraschung sein wird, ein Schiedsgericht ohne Frau zu sehen, statt umgekehrt.

“Was ich den Frauen in der Legal Welt mitteilen möchte, ist, dass für jede von uns Platz ist.” sagt Ramona Schardt. “Ich erlebe es immer wieder, dass der Machtkampf zwischen Frauen in mancherlei Hinsicht stärker ausgeprägt ist als unter Männern. Stattdessen sollten wir einander helfen, uns Tipps geben und Solidarität leben. Lasst uns gegenseitig feiern, fördern und coachen, anstatt einander Steine in den Weg zu legen.“ 

Zuletzt verweist sie auf Madeleine Albright, die dieses Phänomen gut auf den Punkt gebracht hat: „There is a special place in hell for women who don’t help each other.“

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