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Zehn Fragen an Tomas Zorn – Rechtsanwalt, Fußballfunktionär und ehemaliger CEO von Spartak Moskau

Tomas Zorn – Rechtsanwalt, Fußballfunktionär und ehemaliger CEO von Spartak Moskau in unserem Kurzinterview über die Schnelllebigkeit und das People Business der Fußballbranche 

Herr Zorn, Sie waren zuletzt Geschäftsführer beim russischen Traditionsverein Spartak Moskau. Was waren Ihre Highlights aus dieser Zeit?

Als Geschäftsführer und Sportdirektor in Personalunion hatte ich bei Spartak Moskau komplette Entscheidungsfreiheit über die Kadergestaltung, aber auch über die Strukturierung des gesamten Vereins. Damit geht natürlich auch eine enorme Verantwortung gegenüber dem Eigentümer, den Fans, den Medien und den Vereinsveteranen einher. Als Highlight würde ich nennen, dass ich die Möglichkeit hatte, jede Abteilung im Verein nach meinen Vorstellungen zu gestalten. Diese Freiheit ist selbst bei privat geführten Vereinen nicht selbstverständlich.

Was waren die größten Herausforderungen?

Für mich war eine der größten Herausforderungen bei einem medial so präsenten Verein wie Spartak Moskau – neben dem Druck immer erfolgreich sein zu müssen – die Balance zwischen der internen Vereinsarbeit und der öffentlichen Aussendarstellung zu wahren. 

Wie kann man sich die Tätigkeit als Geschäftsführer und Sportdirektor vorstellen und hat Ihnen Ihr juristischer Background bei der Aufgabenbewältigung geholfen? 

Neben meinen Positionen als Geschäftsführer und Sportdirektor war ich auch im Aufsichtsrat und Vereinsvorstand vertreten. Ich war für die komplette Umstrukturierung des Vereins zuständig, angefangen bei der ersten Mannschaft, über die Scouting-, Medizin- und PR-Abteilung, bis hin zur Nachwuchsakademie. Eine strukturelle Denkweise und ein geordnetes Vorgehen, was ich während meiner juristischen Ausbildung gelernt habe, haben mir enorm bei diesem umfangreichen Projekt geholfen. Zudem erleichtert das juristische Verständnis diverse Arbeitsprozesse, beispielsweise im Rahmen der Vertragsgestaltung und Vertragsverhandlung.

Was für Fähigkeiten muss man mitbringen für eine solche Position?

Ich denke man muss vor allem Führungsqualität mitbringen. Auch ein gewisses „out-of-the-box Denken“ ist essenziell, wenn man etwas revolutionieren möchte.

Wie sah Ihr Werdegang aus – vom Jurastudium bis hin zum CEO von Spartak – was waren für Sie wichtige Milestones?

Parallel zum Jura-Studium bin ich früh meinem Interesse am Fußballgeschehen nachgegangen und habe bereits mit 22 Jahren die DFB-Spielervermittlerlizenz erworben. Ich habe 2009 Kontakt zu einem Hamburger Rechtsanwalt geknüpft, der als Spielerberater tätig war. Dank meiner russischen Sprachkenntnisse haben wir im Sommer 2009 relativ zügig den Transfer des Spielers Pavel Pogrebnyak von Zenit St. Petersburg zum VfB Stuttgart realisiert. Das war für mich der Einstieg in die Fußballbranche. Parallel zu meinem Jurastudium habe ich mich dann als Berater mit einer eigenen Agentur selbständig gemacht. 2014 habe ich zusätzlich die FIFA Match Agent Lizenz erworben, um Freundschaftsspiele zwischen Klubs und Verbänden organisieren zu können, unter anderem von RB Leipzig, 1860 München, russischen Vereinen und der russischen Nationalmannschaft. Mit meiner Agentur veranstaltete ich 2019 während der Winterpause ein Turnier von russischen Klubs in Katar. Während des Turniers habe ich mich länger mit dem Eigentümer von Spartak Moskau, Leonid Fedun, unterhalten, den ich bereits aus früheren Trainingslagern kannte, da meine Agentur bereits seit 2017 für die Organisation aller Trainingslager und Testspiele von Spartak Moskau verantwortlich war. Er kam auf mich zu und bat um eine realistische Einschätzung des Kaders. Einen Monat später rief mich der damalige Vizepräsident von Spartak Moskau an und wollte – auf der Suche nach einem nicht-russischen Geschäftsführer – meine Vita sehen. Dann ging alles ganz schnell und der Präsident bot mir wenige Wochen später den CEO-Posten an. 

Was war entscheidend für den Einstieg in die Fußballwelt?

Neben dem Ehrgeiz und Durchhaltevermögen ist ein gut geführtes und gepflegtes Netzwerk entscheidend.

Was gefällt Ihnen an der Fußballbranche? Was macht die Branche so besonders?

Das Fußballgeschäft ist „People Business“. Der tägliche Umgang mit Mitarbeitern, Spielern, Trainer, Fans und Medien macht mir persönlich enorm viel Spaß. Das Geschäft vereint Menschen mit unterschiedlichem Background. Dadurch wird die Arbeit nie langweilig oder monoton. 

Was gefällt Ihnen an der Branche nicht so gut?

Die Fußballbranche ist extrem schnelllebig und erfolgsorientiert. Dadurch ist immer die Momentaufnahme entscheidend. Manche Projekte fordern aber einfach eine gewisse Dauer, damit eine Entwicklung stattfinden kann. Dem wird im Fußball oft nicht genug Zeit eingeräumt.

Halten Sie eine juristische Ausbildung für vorteilhaft, wenn man in der Fußballbranche tätig sein will?

Definitiv. Für mich ist die juristische Ausbildung eine sehr gute Basis, um auf Führungsebene tätig zu sein. Dies gilt natürlich auch für die Fußballbranche, bei der es oft um Verträge über extrem hohe Summen geht. Damit verbunden ist eine enorme Verantwortung. Als Jurist ist man gerade bei solchen Vertragsverhandlungen besonders sensibilisiert. 

Was empfehlen Sie jungen Juristen/-innen, die ebenfalls in der Fußballbranche tätig sein wollen? 

Man sollte sich alle Teilbereiche dieses Geschäfts anschauen, um herauszufinden, welche Seite des Verhandlungstisches einen am meisten reizt. Dies lässt sich am ehesten durch Praktika bei Verbänden, Vereinen und Agenturen umsetzen.

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